Mozart. Sommernachtstraum. Ingolstadt, 30. Juli 2015. Bild von Bernhard Schaffer |
Seit dreizehn Jahren ist er mit diesem Kammerorchester verbunden und begeistert sein Publikum und die Presse. Dorothee Philipp von der Badischen Zeitung schrieb im Jahr 2014: „Gazarian ist so etwas wie die Seele dieses Klangkörpers, zeitweise schien es, als spiele er das Orchester wie ein Instrument, hin und wieder wurde der Taktstock zum imaginären Geigenbogen.“
Der Beruf des Dirigenten sei voller Rätsel und unergründbar – ein seltsames Phänomen, sagt Ruben Gazarian. „Das, was ich vor fünf Jahren interpretiert habe, sehe ich heute anders und ich werde es in 15 Jahren nochmal anders sehen. Nicht umsonst sagen die Dirigenten, dass man erst ab dem 60. Lebensjahr seinen Höhepunkt in dem Beruf erlangt. Denn dies beinhaltet unsere Lebenserfahrung, unsere emotionale Welt, unser Wesen.“ Die Ausbildung sei hierbei nicht das Entscheidende, meint Ruben Gazarian. „Auch die Chemie zwischen dem Dirigenten und seinem Orchester muss stimmen. Das Ganze ist ein Phänomen, das man nicht in Worte fassen kann.“
Das Standardrepertoire des Heilbronner Symphonieorchesters weitete Ruben Gazarian erheblich aus und wählte dazu Werke aus der Romantik, der frühen Moderne und der Avantgarde.
In den vergangenen Jahren arbeitete Ruben Gazarian mit namhaften Solisten zusammen wie Gautier und Renaud Capuçon, Julia Fischer, Hilary Hahn, Sabine Meyer und vielen anderen.
Auch als Gastdirigent war er viel unterwegs und stand am Pult des Radio-Sinfonieorchesters Stuttgart des SWR, des WDR-Sinfonieorchesters Köln, des hr-Sinfonieorchesters Frankfurt, der Hamburger Symphoniker, des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin, des Frankfurter Museumsorchesters, des Hessischen Staatsorchesters Wiesbaden, der Nordwestdeutschen Philharmonie Herford, des Orchestre National de Lyon, des Jerusalem Symphony Orchestra, des Orchesters der Oper Tel Aviv, des Tonkünstler Orchester Niederösterreich, des Belgrader Philharmonischen Orchesters und des Zürcher Kammerorchesters.
Ruben Gazarian stammt aus Armenien. Den ersten Geigenunterricht erhielt er von seinem Vater. Damals war er gerade einmal vier Jahre alt. Später besuchte er die Spezialmusikschule namens Tschaikowsky und absolvierte anschießend das Konservatorium in Jerewan beim Primarius des berühmten Borodin-Quartetts R. Aharonian.
Mit zwölf Jahren trat Ruben Gazarian als Solist in diversen Kammer- und Sinfonieorchestern in Armenien auf. Während des Studiums wurde er Vorspieler und Solist des Staatlichen Kammerorchesters Armenien und gleichzeitig Geiger im Staatlichen Klaviertrio des Armenischen Rundfunks und Fernsehens.
Knapp zehn Jahre später setzte Ruben Gazarian sein Geigenstudium an der Hochschule für Musik und Theater Leipzig fort und schloss es 1995 mit dem Konzertexamen ab. „Das klingt vielleicht paradox, aber das Geigenspiel, das stundenlange Üben lag mir nicht besonders. Ich bin mit der Geige groß geworden und ich habe sehr viel mit der Geige erreicht, aber erstaunlicherweise wollte ich dem Geigenspiel nicht so sehr auf den Grund gehen, wie ich das mit dem Dirigieren tue.“
Unter seiner umfangreichen Diskografie fehlt die armenische Klassik natürlich nicht. Die Aufnahme entstand vor zwei Jahren während der armenischen Kulturtage in Stuttgart. Ruben Gazarian eröffnete das Programm zusammen mit seinem Orchester und zwei weiteren armenischen Solisten. „Das war eine wunderschöne Veranstaltung“, erinnert er sich. Der armenische Botschafter ehrte ihn mit der Komitas-Medaille.
Später gab es weitere Auftritte in Jena und Erlangen. „Das waren sehr bewegende Konzerte. Die Gastgeber wussten bestens über die armenische Musik Bescheid. Ich war sehr froh und fühlte mich sehr geehrt, dass ich das Konzert dirigieren durfte.“
Heute ist Ruben Gazarian Mitte vierzig und würde sich freuen auch am Pult des Staatlichen Kammerorchester Armeniens stehen zu dürfen. „Das wäre ein ganz besonderes Erlebnis für mich“, sagt er. So hofft er auf eine Einladung, vielleicht mit den Worten: „Ruben, hätten Sie Interesse an einem Gastauftritt in Armenien?“
Titelbild: Fotostudio M42 – Katja Zern & Thomas Frank