Yervant Zorian
„Die Halbleiterproduktion ist heute zwar sehr präzise, aber bei weitem nicht perfekt. Die meisten Chips enthalten Defekte“, sagt Dr. Zorian. „Darum haben wir intelligente Mechanismen entwickelt, wodurch die Chips sich selbst testen und reparieren können. Diese Anwendungen sind in den Chip-Designs integriert und starten automatisch, sobald Sie Ihre elektronischen Geräte anschalten, egal ob Smartphone, Auto oder Laptop.“
Diese innovative Technologie wurde von Dr. Zorian eingeführt. In den letzten dreißig Jahren hat er für seine Expertise in selbstreparierenden Elektrosystemen weltweite Anerkennung erhalten. Heute laufen 35 US-amerikanische Patente auf seinen Namen und er ist Autor von 350 wissenschaftlichen Publikationen sowie vier Büchern zu diesem Thema. Von der amerikanischen Online-Zeitschrift Electronic Engineering Times wurde er in die Liste mit den dreizehn innovativsten Köpfen auf dem Gebiet der Halbleiterindustrie aufgenommen. Unlängst erhielt er die Nationale Medaille der Wissenschaften der Republik Armenien.
Yervant Zorian mit seinem Team. Synopsis Filiale in Armenien, 2014 |
Dr. Zorian hat maßgeblich zu der Entwicklung der IT-Branche in Armenien beigetragen. Dieser Beitrag ist auch heute noch von unschätzbarem Wert. Er war einer der ersten, der in den Neunzigerjahren das große IT-Potential Armeniens entdeckte und den Markt für ausländische IT-Firmen erschloss.
Yervant Zorian mit seiner Frau Rita und dem Katholikos aller Armenier Vazken I. Etschmiadsin, 1986. |
Aufgrund der Wirtschaftskrise und dem Krieg mit Aserbaidschan verließen Mitte der Neunzigerjahre zahlreiche IT-Fachleute das Land. Um den Braindrain zu unterbinden, schaffte es Dr. Zorian Hilfsgelder über die Armenische Allgemeine Wohltätigkeitsunion zu organisieren. So konnte er mithilfe dieser Mittel ein kleines Team in Armenien zusammenstellen. „Es war zunächst eine kleine Gruppe von zwanzig Personen, die wir an der Amerikanischen Universität in Armenien untergebracht hatten.“
Großvater Yervant Zorian nach dem Abschluss der amerikanischen Hochschule Anatolia College in Marsovan |
Heute wirkt Dr. Zorian in zahlreichen Initiativen mit, um den Fortschritt des IT-Sektors in Armenien weiterhin zu gewährleisten und fördert die entsprechende Ausbildung junger Armenier. Bildung und Professionalität seien eine mächtige Waffe, so Dr. Zorian. Diese Einstellung verhalf seinen Vorfahren nicht nur zu beruflichem Erfolg, sondern half ihnen zu überleben.
Der Großvater Yervant Zorian (ganz links) im im Vorstand der Armenischen Allgemeinen Wohltätigkeitsunion (AGBU). Aleppo, 1920er Jahre. |
„Als 1915, zwanzig Jahre später, der Völkermord an den Armeniern begann, hatte mein Großvater Yervant die amerikanische Hochschule Anatolia College in Marsovan bereits verlassen, um sein Studium an der Französischen Universität in Beirut fortzusetzen. „Es war die Entscheidung seiner Familie, dass er sein Studium in Beirut fortsetzt und nicht in der Türkei bleibt, die sein Leben rettete.“
Ashod Zorian portrtiert die berühmte armenische Dichterin Silva Kaputikian |
Seinem älteren Bruder Apik wurde ein anderes Schicksal zuteil. Apik, der in Trabzon geblieben war, wurde von türkischen Soldaten verschleppt und ermordet. Frau, Tochter und Sohn schickten sie auf einen Todesmarsch durch die Berge Anatoliens.
Unterwegs überließ die Mutter ihre Kinder einem türkischen Bauern als Hilfskraft. So rettete sie ihnen das Leben. Ihr Sohn Ashod wurde später ein bekannter Maler. Nach den Gräueln von 1915 nahmen seine Cousine und ihr Ehemann irakischer Abstammung, der Offizier war, die beiden Kinder in ihre Obhut und gaben sie als arabische Verwandte aus. In einem Internat in Konstantinopel wurde Ashods Talent erkannt und finanziell gefördert. Er erhielt in Wien und anschließend in Rom seine Ausbildung als Maler.
1929 ging er nach Ägypten, wo er an armenischen Schulen unterrichtete und ein Atelier eröffnete.
„Man sagt, sogar die Frau des ägyptischen Königs habe bei ihm Kunst studiert“, kommentiert Dr. Zorian. „Dort porträtierte er viele Berühmtheiten, die Kairo besuchten.“
Da er einen Nansen-Pass besaß, konnte er seinen Onkel Yervant und seine Familie in Aleppo regelmäßig besuchen. „Er spielte gerne mit uns, aber geheiratet hat er nie und hatte auch keine eigenen Kinder. Es schien, als würden ihn die Erinnerungen seiner Kinderjahre immer wieder einholen“, erinnert sich Dr. Zorian.
Großvater mütterlicherseits Aram Minassian mit seiner Frau Arpine. Aleppo, 1927 |
„Als die armenischen Flüchtlinge 1915 in Syrien ankamen, war es Arams Vater Garabed, der maßgeblich dazu beitrug, dass ein Hilfskomitee gegründet wurde, um den Überlebenden Bildung, medizinische Versorgung und Arbeitsplätze zu verschaffen“, so Dr. Zorian.
Apik und Hilda Zorian mit ihren Kindern Yervant, Maida und Houri. Aleppo, 1968 |
Dr. Zorians Eltern Apik und Hilda Zorian setzten die Familientradition fort: Sie dienten der armenischen Gemeinde in Aleppo. Auch sie legten großen Wert auf Bildung.
Yervant Zorian besucht die Schüler von Armenischem Virtual College beim Unterricht im Computerraum der AGBU-Schule in Buenos Aires, Argentinien, 2010. |
Die armenische Identität und das armenische Erbe sind auch für Dr. Zorian sehr wichtig. In Aleppo besuchte er die Hochschule der Armenischen Allgemeinen Wohltätigkeitsunion und engagierte sich in der Studentenvereinigung. Nach seinem Studium in Los Angeles und Montreal, wo seine künftige Frau Rita Chadarevian Medizin studierte, ließ er sich im Silicon Valley nieder.
Dem Beispiel seiner Vorfahren folgend blieb er der örtlichen und weltweiten armenischen Gemeinde verbunden. Er gründete eine Niederlassung der Armenischen Allgemeinen Wohltätigkeitsunion im Silicon Valley und rief 2006 das Armenische Virtual College ins Leben, das Armeniern weltweit die Möglichkeit gibt, armenische Geschichte, Kultur und Sprache zu lernen.
„Für den Wohlstand, den wir erben durften, müssen wir alle unserem Volk etwas zurückgeben, insbesondere der nächsten Generation. Jeder Armenier kann einen Weg finden, etwas für den Wohlstand seines Volkes zu tun, indem er sein Know-how wirksam einsetzt“, fügt Dr. Zorian lächelnd hinzu. „Ich meinerseits habe dies im Bereich des IT-Sektors getan.“