José Akian
Submitted by market_publisher_de on Fri, 02/26/2016 - 14:17
German
Intro:
Die Akian Grafica Editora ist eine der größten Druckereien Argentiniens. Sie wurde in den Fünfzigerjahren in Buenos Aires von José Akian gegründet und ist bekannt für ihre hochwertigen Produkte und originellen Designs. Trotz seiner 82 Jahre kommt José Akian noch jeden Tag ins Büro. Wie kein anderer steht er für den Perfektionismus, der sein Unternehmen ausmacht.
Weight:
-504
Story elements:
Text:
Die Akian Grafica Editora ist eine der größten Druckereien Argentiniens. Sie wurde in den Fünfzigerjahren in Buenos Aires von José Akian gegründet und ist bekannt für ihre hochwertigen Produkte und originellen Designs. Trotz seiner 82 Jahre kommt José Akian noch jeden Tag ins Büro. Wie kein anderer steht er für den Perfektionismus, der sein Unternehmen ausmacht.
Text:
An einer Kreuzung im Bezirk Las Canitas der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires steht ein ungewöhnliches modernistisches Gebäude, über dessen Haupteingang ein großes Schild mit der Aufschrift „Akian Grafica Editora“ prangt. Der Gründer José Akian ist ein freundlicher Mann, der alle Abläufe in dem Unternehmen gemäß seiner Lebensprinzipien gestaltet: „Von Anfang an hatte ich mir Vollkommenheit und Perfektion zum Ziel gesetzt. Durchschnittlich zu sein ist bedeutungslos, weshalb wir nur die hochwertigsten Produkte herstellen, sowohl für den Markt vor Ort als auch für den Export“, sagt José Akian.
Vor dem Umzug nach Las Canitas befand sich die Druckerei in Barracas. Ihre Geschichte ist die lange Überlebensgeschichte einer Familie.
Von Marasch nach Buenos Aires
José Akians Großmutter mütterlicherseits entstammte der Familie Herlakian, die zu den ältesten und angesehensten in der Provinz zählte. Die Mitglieder der Familie waren meist Kaufleute oder Landbesitzer, die Einrichtungen vor Ort wie das deutsche Krankenhaus unterstützten. Gemeinsam mit Landsleuten halfen sie 1857 beim Bau der armenisch-katholischen Erlöserkirche Surb Prgich, die zum Sitz des katholischen Patriarchen der Diözese Marasch wurde. José Akians Großonkel Akop war ein berühmter Mann. 1914 diente er am Hof des Sultans und wurde für seine Arbeit offiziell gewürdigt. Papst Leo XIII. verlieh ihm eine Medaille für seine herausragende Arbeit zugunsten der katholischen Gemeinde.
Image:
Text:
Hagop Kherlakian |
1915 wurden die führenden Persönlichkeiten der armenischen Städte im Osmanischen Reich verhaftet und schließlich ermordet, während ihre Familien dazu verdammt waren, in langen Karawanen durch die Wüste zu ziehen. Dies war der Beginn eines Vorhabens mit dem Ziel, die Armenier systematisch zu vernichten. Dank ihrer Verbindungen und finanziellen Möglichkeiten gelang es der Familie Herlakian, sich in der syrischen Stadt Aleppo zu verstecken und so den blutigen Massakern zu entgehen.
Am Ende des Ersten Weltkrieges kam die Region unter die Kontrolle der französischen Armee, die dem Blutvergießen ein Ende setzte. Viele von denen, die man gezwungen hatte, ihre Heimat zu verlassen, konnten nun zurückkehren und sich ein neues Leben aufbauen. Doch es war nur die Ruhe vor dem nächsten Sturm. Als Kemal Atatürk an die Macht kam, setzte er die gewalttätige Politik gegen die Armenier fort. „Mitglieder meiner Familie wollten den französischen Truppen folgen, konnten es aber nicht und blieben so in Marasch zurück. Sie versteckten sich in der Kirche, gemeinsam mit vielen anderen Armeniern, doch zu essen hatten sie dort nichts und so starben viele an Hunger“, erinnert sich José Akian. Sein Großonkel Akop wurde verhaftet und brutal ermordet. „Die Türken köpften ihn und schleiften seinen toten Körper triumphierend durch die Stadt“, fügt er hinzu.
Erneut musste die Familie Herlakian ihre Heimat verlassen, doch dieses Mal sollte es für immer sein. Zunächst ließen sie sich im Libanon nieder, später im französischen Marseille. Von dort aus nahm die Familie 1932 ein Schiff, das sie ins argentinische Buenos Aires brachte.
Die Freude am Buntstift
Argentinien hieß die Einwanderer mit offenen Armen willkommen. Es waren ganze Wellen von Neuankömmlingen aus verschiedenen Teilen Europas, darunter viele Armenier. „Mein Großvater mütterlicherseits José kaufte eine Herberge in der Avenida Constitución und vermietete Zimmer“, erinnert sich der Enkelsohn. „Ich erinnere mich, dass es im Gebäude einige Grills gab, auf denen wir Kebab machten. Großvater erzählte mir oft von den Schwierigkeiten, die er in seinem Leben hatte durchstehen müssen.“
1930 heiratete José Akians Mutter Ana, geborene Semilian, Francis Akian, der aus einer ursprünglich in Ankara wohnhaften armenischen Familie stammte. Dieser arbeitete in einem der Textilunternehmen im Stadtviertel Once. Bedauerlicherweise verstarb Ana bereits im jungen Alter von 30 Jahren nach der Geburt ihrer vierten Tochter.
José Akian wuchs bei einer seiner Tanten auf. Er arbeitete als Vertreter für Bürobedarf, der importiert wurde von einem seiner Landsleute, einem Mann aus Istanbul. „Ich war begeistert von den Buntstiften und dem farbigen Papier, beides gab es in Argentinien zu der Zeit nicht. Doch irgendwann bekam ich meine Kommission nicht mehr von dem Mann. Er war sehr gierig“, erinnert sich José Akian. Später fand er eine Anstellung in einer Druckerei, doch der junge Mann mit Unternehmergeist gab sich nicht mit Hilfsarbeiten zufrieden. Er hatte ambitionierte Träume und große Pläne für die Zukunft.
Eines Tages stieß José Akian auf eine Anzeige, in der eine Druckerei im Bezirk Barracas zum Verkauf angeboten wurde. „Ich erzählte meinem Großvater davon und er sagte, wir könnten problemlos eine Hypothek auf die Herberge aufnehmen“, erzählt der heute erfolgreiche Geschäftsmann. Im Alter von 23 Jahren ergriff der damals noch junge Mann die Initiative und legte den Grundstein für eine erfolgreiche Zukunft.
„Ich habe ein Sprichwort: Großzügigkeit blüht, Gier vergeht. Mein Großvater traf eine Entscheidung zu meinen Gunsten, er gab der Großzügigkeit den Vorrang. Und ich habe nie vergessen, wie er sich damals entschieden hat. Dank seiner habe ich heute all das, was ich habe, und unsere Familie kann ein normales Leben führen“, sagt José Akian voller Dankbarkeit.
Die Zeit verging und das Geschäft florierte: Neue Technologien wurden eingeführt, das Unternehmen wuchs, erschloss neue Märkte und setzt heute die Qualitätsmaßstäbe im Bereich Druck.
Bis zum heutigen Tage zeichnet sich das Unternehmen durch technologischen Fortschritt und innovatives Design aus. „Höchste Qualität ist die Grundlage für alles, was wir tun. Diese Herangehensweise entspricht ganz meinem Naturell. Ich bin für Ordnung, Reinlichkeit und Perfektion bei allem“ sagt José Akian.
Image:
Text:
José Akian mit Alex Manoogian |
Ein Vermächtnis und eine Vorliebe für Brandy
José Akian setzte den Weg seines Großvaters fort, indem er Akian Grafica Editora aufbaute. Ebenso investierte er Zeit und Geld in den Bau einer armenisch-katholischen Kirche in der Charcas-Straße und führte so das Vermächtnis fort, das seine Vorfahren in Marasch begonnen hatten. Er brachte das erste armenisch-spanische Wörterbuch unter redaktioneller Leitung von Pasquale Tekeian heraus wie auch ein Werk in mehreren Bänden von Pasquale Oganian über den Völkermord und viele andere Bücher über die armenische Welt.
Zurzeit widmet er sich dem Bau von Treibhäusern in Armenien, damit Familien auch im Winter Obst und Gemüse anbauen können.
Trotz seines Alters ist José Akian immer noch aktiv in der armenischen Gemeinde. „Bei uns gibt es immer was zu tun, und ich versuche, nach Kräften meinen Beitrag zu leisten“, erklärt er.
José Akian trinkt jeden Tag einen kleinen Brandy und genießt gutes Essen. Freimütig bezeichnet er sich als jemanden, der sich mit gutem Essen auskennt. Auch im entfernten Argentinien weiß er die armenische Küche zu schätzen, darunter sein Lieblingsgericht Sarma mit Kohl und Çiğ Köfte, kräftig gewürzte, rohe Hackfleischbällchen. Ich vermisse alles Armenische sehr, soviel kann ich über mich sagen. Meine Frau Vicki ist keine Armenierin, doch sie weiß mehr über Armenien als wir alle zusammen“, räumt er ein.
Die Geschichte wurde verifiziert vom Forschungsteam der Initiative 100 LIVES.
Subtitle:
Argentiniens angesehenster Verleger spricht über Buntstifte und das Vermächtnis seiner Familie
Story number:
197
Author:
Eugenia Akopian
Header image: